Gespielt wie Flasche halb voll oder halb leer?

Der Deutsche Evanglische Kirchentag in Hamburg diskutiert über Homophobie im Fußball: Kontrovers wurde die Debatte, wie die bisher erreichten Fortschritte zu bewerten sind. Ein Mutmach-Beitrag.

Die Zusammensetzung der Runde unter dem Motto „Let’s Talk About Sex – Homophobie im Fußball“ ließ von vornherein nicht erwarten, dass es besonders heiß her gehen würde: Vertreter der „Queer Football Fanclubs“ berichteten von ihrem Engagement in den Fankurven, „Versteckspieler“ Marcus Urban erzählte von seiner Arbeit als Diversity Coach und DFB-Berater, der SPD-Bundestagsabgeordnete und Fachsprecher für Schwule und Lesben, Johannes Das Podium im Regenbogenzentrum beim DEKTKahrs, war als Politikvertreter dabei, und ich war als Journalist und Vorstandsmitglied des schwul-lesbischen Sportvereins Startschuss SLSV Hamburg eingeladen – alles also Leute, die sich im Ziel einig sind und sich schon lange entsprechend engagieren.

Überraschend fiel die Bewertung des Status Quo aus: Als ich meinen Eindruck schilderte, dass Diskriminierung deutlich abgenommen hat und heutzutage viele Startschuss-Sportler ihr Glück auch in „Hetero“-Vereinen finden, stieß ich auf harschen Widerspruch. „Falsch“, entgegnete kopfschüttelnd Marcus Urban, „es gibt in allen Bereichen immer noch massive Probleme.“ Ein Gast aus dem Publikum richtete an meine Adresse die Kritik, dass Journalisten ein viel zu rosiges Bild zeichneten, unter anderem weil viele Betroffene sich mit ihrer Leidensgeschichte gar nicht an die Öffentlichkeit trauten.

Homophobie ist kein Nischen-Thema mehr

Dabei habe ich gar nicht behauptet,  dass Homophobie überwunden ist – ich bin nur der Meinung, dass im historischen Vergleich die Gesellschaft riesige Schritte weitergekommen ist. Der Umgang mit Homophobie ist sensibler geworden: Gerade erst hat Kaiserslauterns Stürmer Idrissou im Interview (hier das Video) einmal mehr das Klischee bedient, Schwule seien automatisch tuntig und könnten per se keine männliche Körpersprache haben – das haben auch Mainstream-Medien aufgegriffen und kritisiert. Früher gingen solche Äußerungen unter. Schwulen und Lesben empörten sich in ihren Community-Foren, auf Nischen-Websites und blieben unter sich. Schon dass es mittlerweile eine Öffentlichkeit dafür gibt, ist ein Fortschritt.

Die „Queer Devils“ als schwul-lesbischer Fanclub konnten dem Spieler inzwischen persönlich erklären, was an seinen Äußerungen so bedenklich ist. Noch vor ein paar Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass ein Verein ein solches Treffen zulässt. Und der FCK berichtet auch noch auf seiner Homepage darüber. Bei aller Kritik an manchen Formulierungen lässt sich festhalten: Auch hier beteiligt sich der Proficlub daran, eine Öffentlichkeit herzustellen, die wichtig ist. Er tut es nicht als Pflichtveranstaltung ab nach dem Motto: „Treffen wir uns mal mit den Schwulen, um die ruhig zu stellen, aber reden wir nicht darüber.“ Auch das ist ein Wandel!

Während Profi-Fußballer früher „irgendwas mit Schwul“ gescheut haben wie der Teufel das Weihwasser, leben wir in einer Zeit, in der Philipp Lahm munter Interviews für Gay-Magazine gibt und Mario Gomez übers Coming Out philosophiert. Nicht über jeden Debattenbeitrag kann man glücklich sein, aber die Berührungsängste im Spitzensport schwinden – das ist ein Fortschritt.

Es gibt Strukturen und Unterstützer

Alex v. Beyme mit Johannes KahrsWir haben Strukturen aufgebaut wie die schwul-lesbischen Fanclubs und Sportvereine, die den Finger in die Wunde legen, und starke Unterstützer wie die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Auch die Verbände bewegen sich allmählich. Einige meiner Mitspieler bei den schwulen Fußballern von Startschuss spielen geoutet in „hetero-geprägten“ Vereinen mit, nach meinem Eindruck waren es noch nie so viele. Nur einer von ihnen erzählte mir von heftigem Mobbing, die Mitspieler wollten ihn nicht mehr mit ihm duschen – kurzerhand wechselte er den Verein und wurde im neuen Club anerkannter Spielertrainer. Jeder Fall von Diskriminierung ist zu viel, aber bei allen Rückschlägen können wir doch froh sein: Es gibt sie mittlerweile, die positiven Beispiele, die wir vor Jahren so vermisst haben.

Es geht natürlich nicht schnell genug. Wir liegen mit dem Kampf gegen Homophobie im Fußball immer noch zurück, aber haben bisher gut gespielt – das sollte uns Selbstvertrauen geben. Schluss ist erst, wenn der Schiri pfeift.

Ausblick: Merkel wird Verurteilung durch BVG begrüßen

Die Euphorie über einen Kurswechsel der Union in der Frage der Gleichstellung von Homosexuellen ist verfrüht. Zwischen den Zeilen wird klar, dass die Union ihre Hinhalte-Taktik fortsetzt. 

saegen_kleinIch war auch in freudiger Erwartung, wenn man das so nennen darf, als ich letzten Samstag den Link mit dem Titel „Union gibt Widerstand gegen Homo-Ehe auf“ geklickt habe. Aber schon noch wenigen Minuten habe ich das Fenster enttäuscht geschlossen. Umso mehr überrascht es mich, dass diese Exklusiv-Meldung der Süddeutschen Zeitung in den vergangenen Tagen von so vielen Medien aufgegriffen und im wahrsten Sinne des Wortes weitergesponnen wurde.

Die Süddeutsche hat sich ihren Scoop selbst gebaut und ein streng genommen belangloses Interview unter eine plakative Überschrift gestellt. Fürs Wochenende wollte die Zeitung offenbar unbedingt Reaktionen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zugunsten der sogenannten Sukzessiv-Adoption durch gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Das kam dabei heraus:

Der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Michael Grosse-Brömer, sagte der Süddeutschen Zeitung, die Union müsse „in Sachen Gleichstellung beweglicher werden“. Angesichts „der klaren Tendenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sollten wir jetzt möglichst rasch handeln und die erforderliche verfassungsrechtliche Gleichstellung auch durchführen“, sagte Grosse-Brömer. „Wie wir das genau machen, prüfen wir jetzt innerhalb der Fraktion und dann in der Koalition.“

Tja, wo ist jetzt der Kurswechsel? Wer unbedingt will, der kann diesen Kurswechsel dort reininterpretieren und hat dann seine Rechtfertigung für eine knallige Schlagzeile. Aber wir sind doch  keine Noobs im Politiker-Sprech. Wenn jemand ankündigt, zu prüfen und beweglicher zu werden, da hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Ich habe auch nicht dieses kleine einschränkende Adjektiv überlesen: Wer entscheidet denn, welche verfassungsrechtliche Gleichstellung erforderlich ist? Meine Interpretation ist deshalb genau das Gegenteil dessen, was die Süddeutsche daraus gemacht hat: Die Union steht weiterhin für Gleichstellung in exakt dem  Maße, wie die Regierung vom Bundesverfassungsgericht dazu verdonnert wird.

Egal, die Deutung der Süddeutschen Zeitung ist nun in der Welt, jetzt wollen auch die anderen Medien ihre Schlagzeile und laufen wie die Lemminge hinterher. Alle möglichen verknappten Äußerungen von Unions-Politikern werden ohne kritisches Hinterfragen unter der Überschrift „Kurswechsel“ oder „neue Offenheit“ einsortiert. Finanzminister Schäuble will noch ein wenig Konsequenzen aus dem Urteil prüfen. Die stellvertretende Bundes-Vorsitzende Julia Klöckner hat beim mittlerweile fünften Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Gleichstellung immerhin eine Tendenz erkannt und kommt zur Feststellung, dass sich ja etwas ändern müsse. Aber der Meinung war sie auch schon früher. Wo ist der Kurswechsel? In der Union gilt auch weiterhin das Motto: Gebremst wird immer.

Das Good-Cop-Bad-Cop-Spiel in der Union

Als Krimi-Zuschauer kennt man ja diese Verhör-Technik nach dem Muster „Good-Cop-Bad-Cop“: Der eine Ermittler macht auf Einschüchterung, der andere zeigt sich verständnisvoll und einfühlsam. So oder so wird man den Verdächtigen schon zur Aussage bringen. So ähnlich verhält es sich mit der Union: Die Hardliner können noch schön mauern, und die vermeintlich Progressiven platzieren hier und da mal ein paar unverbindliche homo-freundliche Statements. Auf die ein oder andere Art wird man den Wähler schon zur gewünschten Entscheidung bringen. Dabei ist die vermutlich ehrlichste und realistischste Äußerung innerhalb der Union leider am Rande des Bundesparteitags im Dezember etwas untergegangen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière sagte damals dem Fernsehsender PHOENIX in Bezug auf eine Gleichstellung im Steuerrecht: „Wenn wir vor dem Bundesverfassungsgericht verlieren, was ich vermute, dann werden wir das ordnungsgemäß umsetzen. Aber erst dann.“

Noch in diesem Jahr wollen die Karlsruher Richter über die steuerliche Gleichstellung der Lebenspartnerschaften entscheiden. Wir wissen alle, wie es ausgeht. Und was Bundeskanzlerin Merkel sagen wird, weiß ich auch schon:

Dieses ist ein sehr wichtiges Urteil, das ich sehr begrüße. Es gibt der Bundesregierung Rechtssicherheit, wie wir die Gleichstellung in verfassungsrechtlich gebotener Weise vorantreiben können. Die Bundesregierung nimmt diese Vorgaben dankbar an und wird dieses Urteil zügig zum Wohle der Betroffenen umsetzen.

(Zitat erfunden)

Das Missverständnis vom Coming-Out

Beseelt vom Wunsch nach dem knalligen Coming-Out eines Profi-Fußballers schreiben die Medien an der Realität vorbei. Floskeln und Scheindebatten dominieren die Berichterstattung, aber die Antworten auf die entscheidenden Fragen bleiben unausgesprochen: Was ist ein Coming-Out? Worum geht es einem schwulen Bundesliga-Kicker überhaupt? Wenn Funktionäre und Vereine darauf keine Antworten formulieren können, wird diese Diskussion versanden.

Gut zwei Wochen ist es nun her, dass der Fluter das Interview mit einem anonym gebliebenen schwulen Bundesliga-Profi veröffentlicht hat. So groß wie die Aufmerksamkeit ist, bei genauerem Hinsehen ist es enttäuschend, aus welcher Perspektive das Thema angegangen wird.

Symptomatisch der Auftritt von Fußball-Trainer Peter Neururer bei Markus Lanz (im Video ab 48’30“):

Das Problem ist die Tatsache selber, sich zu outen. Ich lauf ja auch nicht da durch und sage: ‚Ich bin hetero.‘ Wen interessiert denn meine Sexualität? Vollkommen uninteressant. Es wird aber thematisiert, wenn einer homosexuell ist.

Was als Plädoyer für Normalität nett gemeint war, offenbart auf der anderen Seite, warum sich diese Diskussion seit Jahren im Kreis dreht. Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen, was mit Outen überhaupt gemeint ist. Keiner wünscht es sich, in einer Pressekonferenz auf dem Podium zu sitzen und zu bekennen: „Ich bin schwul, schwul, schwul!“ Ein ähnlicher Subtext schwingt aber mit, wenn DFB-Präsident Niersbach sagt:

Sollte sich ein Spieler, egal ob in der Bundesliga oder der Kreisliga, öffentlich als homosexuell outen wollen und dabei die Unterstützung des DFB benötigen, so wird unser Verband jegliche Hilfe anbieten.

Auch die ZEIT begreift das Fluter-Interview nicht als Alarmsignal, sondern orakelt: „Das Fußballer-Outing rückt näher“, offenbar angetörnt von der Ankündigung, dass sich der Fußballer in einem Jahr zu erkennen geben könnte. Das scheint das große Missverständnis in dieser Debatte zu sein: Wer schwul ist, will eben nicht mit großem Knall an die Öffentlichkeit – und erst recht nicht in einem Umfeld, das im Ruf steht, so intolerant zu sein wie der Profi-Fußball. Er will einfach nur sein Leben leben und dafür das Vertrauen in seiner unmittelbaren Umgebung spüren. Der schwule Fußballer will von seinem Partner vom Training abgeholt werden. Er will in der Kabine über die neusten Hollywood-Blockbuster mitreden und sagen können: „Super-Film, habe ich neulich mit meinem Freund schon gesehen.“ Und er will, dass der Verein nach dem Champions-League-Sieg einen Platz beim Bankett freihält für den Menschen, den er liebt.

Was heißt es nun, dass sich schwule Profi-Fußballer bisher so versteckt haben? Das heißt, dass sie die Atmosphäre im Verein so unberechenbar empfinden, dass sie lieber nichts von sich preisgeben. Ja, es ist erstmal ein atmosphärisches Problem in den Vereinen, und kein Problem, dass zu wenige Spitzenfunktionäre die Fans zur Raison gerufen haben. Sich zu „outen“, ist ein langsamer Prozess. Dafür muss man kein Prominenter sein. Jeder Teenager wird erstmal genau beobachten, wie seine Eltern auf Fernsehberichte zum Christopher-Street-Day reagieren, bevor er sich ihnen anvertraut. Am neuen Arbeitsplatz heißt es erstmal Ohren spitzen, wie die Kollegen über Ricky Martins spätes Bekenntnis reden. Das sind diese positiven Signale aus der direkten Umgebung, auf die jeder Schwule wartet, der Angst vor Diskriminierung hat. Im Alltag des Profi-Fußballers gibt es diese Signale offenbar nicht.

So gut es der DFB-Präsident meint: Das Hilfsangebot nützt keinem verunsicherten schwulen Fußball-Profi. Im Gegenteil: Wer sowieso frustriert ist vom ewigen Versteckspiel, der könnte Niersbachs Statement auch ganz anders interpretieren: „Lieber Schwuler, Du brauchst Hilfe, die gebe ich Dir gerne, aber erstmal bist Du ein Problem.“ Nicht gerade ermutigend.

Was würde denn stattdessen helfen? Das ist ein ganz langer Weg und wird die Vereine viel Überwindung kosten. Die Clubs müssen dauerhaft im Alltag immer wieder unter Beweis stellen, dass sie es ernst meinen mit ihrer Offenheit. Und geduldig ins Blaue hinein daran weiter arbeiten, ohne zu wissen, ob überhaupt einer der eigenen Spieler schwul ist. So wie der Teenager seine Eltern bei der Reaktion auf die schwule Fernsehreportage beobachtet, müssen homosexuelle Fußballer Situationen miterleben, in denen sich der Verein in irgendeiner Weise positiv zum Thema verhält. In der freien Wirtschaft nennt man das Diversity Management (siehe auch hier in diesem Blog). Das darf kein PR-Stunt für Toleranz werden. Die Vereine müssen vor allem einsehen, dass sie dabei nach innen wirken und ihr Engagement bei den eigenen Angestellten ankommt. Sie können mit den zahlreichen schwulen Fanclubs zusammenarbeiten, in ihrer Geschäftsstelle geoutete Homosexuelle einstellen, Nachwuchsturniere mit Trägern der schwul-lesbischen Jugendarbeit veranstalten, und und und. Es muss ja nichts Großes sein, aber nach vielen kleinen Aktiönchen wird ein ungeouteter Profi Vertrauen in die Clubführung fassen, Rückhalt spüren und sich langsam aus der Deckung wagen. Es können noch so viele DFB-Präsidenten und Bundeskanzlerinnen zu mehr Toleranz aufrufen, ohne diese Basisarbeit wird sich nichts ändern.

Ach ja, was die Fans angeht: Auch ein schwuler Sportler hat entsprechenden Ehrgeiz. Mit genug Unterstützung vom Verein wird er sagen können: „Das ganze Stadion wird gegen mich sein. Etwas Schöneres gibt es gar nicht.“

Bravo, VIVA!

Bemerkenswert auf Facebook: Wie sogar eine Löschorgie zu einem Imagegewinn führen kann. Die schwul-lesbische Community feiert den Fernsehsender VIVA für den Umgang mit homophoben Kommentaren. „“Schwul“ ist keine Beleidigung und sollte als solche auch nicht verwendet werden“, schreibt der  Sender, nachdem er hunderte diskriminierende Sprüche seiner Fans zum neuen Style von Bill Kaulitz entfernt hatte. In anderen Ecken des Netzes wird Homophobie kultiviert und gepflegt – zum Beispiel auf einer Fanseite des Hamburger SV. Weiterlesen

Schlimme Hetero-Gerüchte um Bierhoff!

Entschuldigung für die reißerische Überschrift, aber dieser Perspektivwechsel veranschaulicht so schön das eigentliche Problem. Oliver Bierhoff ist DFB-Teammanager. Fußball und so. Werbeverträge klar machen, Trainingslager buchen, bei Interviews gut aussehen. Jetzt kommt’s: Man stelle sich vor, er ist einer von diesen Männern, die mit Frauen schlafen! Böse Unterstellung. Was dieser Alexander von Beyme hier ungefiltert für Gerüchte verbreitet. Was für ein Angriff! Da muss man sich doch gegen wehren!

Wirkt völlig übertrieben, oder?

Die ARD hat am vergangenen Sonntag den „Tatort – Mord in der 1. Liga“ gezeigt, in dem es (unter anderem) um einen schwulen Fußballer ging. Im Film macht sich nach knapp 20 Minuten jemand darüber lustig, dass ja die halbe Nationalmannschaft als schwul gelte, einschließlich Trainerstab. Ich bin nicht sicher, ob Oliver Bierhoff den Tatort selbst gesehen hat, aber er ist von der BILD-Zeitung nach seiner Meinung gefragt worden. Er spricht von moralisch sinkenden Werten, dass Dinge ungefiltert weiterverbreitet würden. Die Prominenz der DFB-Elf sei missbraucht worden und der Satz sei ein Angriff auf seine „Familie der Nationalmannschaft“. Und man müsse sich ja jetzt was überlegen, „dass wir nicht wehrlos sind gegen Gerüchte und falsche Unterstellungen aller Art.“

Weiterlesen

Eine ganz normale Schlammschlacht

Fußballer haben sich gern

Um noch mal kurz das nicht-Fußball-affine Publikum auf den Stand zu bringen: Es gab vor einiger Zeit beim Deutschen Fußball-Bund einen Skandal um den damaligen Schiedsrichter-Obmann Amerell und einen der Top-Bundesliga-Schiedsrichter Michael Kempter. Letzterer hatte seinem Chef sexuelle Nötigung vorgeworfen, was natürlich in Anbetracht des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Obmann und Schiedsrichtern beim DFB besondere Brisanz hat. Die Vorwürfe konnten bisher nicht  aufgeklärt werden, und es gab nur Verlierer: Amerell räumte eine Affäre ein, bestritt aber einen Missbrauch und verlor sein Amt, Kempter pfeift seitdem allenfalls in der 3. Liga, und der DFB musste für sein Krisenmanagement viel Kritik einstecken.

Die Affäre macht in diesen Tagen nochmals Schlagzeilen, weil Amerell von Kempter nun 150.000 Euro Schadenersatz verlangt dafür, dass er alles ins Rollen gebracht hat. Der Fall hat meiner Meinung nach eine gewisse Tragik und ist voller menschelnder Komplikationen, so dass man sich mit Schuldzuweisungen sowieso zurückhalten muss. Aber ich kann der ganzen Berichterstattung doch tatsächlich etwas Positives abgewinnen: Die Medien berichten in ihrer typischen Normalität, wer wem wann die Zunge in den Hals gesteckt oder den Oberschenkel gestreichelt hat – da ist zwar jede Menge boulevardesker Voyeurismus bei, aber im Mittelpunkt steht immerhin meist die Frage, ob hier etwas gegen den Willen des anderen geschehen ist und ob es eine Grenzüberschreitung gegeben haben mag.

Es wirkt auf mich geradezu fortschrittlich, dass ich praktisch nie Dinge wie „Schwulen-Skandal“  in den Überschriften lese. Ich glaube nicht, dass beispielsweise über einen Eiskunstlauftrainer und seine Schülerin anders berichtet worden wäre als im Fall Amerell/Kempter. Medial ist das eine ganz normale Schlammschlacht, bei der man sich unabhängig von der Ausrichtung gerne wundert, dass stapelweise angebliche Liebes-SMS und eMails als Beweismaterial präsentiert werden. Die Erkenntnis ist offenbar in der Gesellschaft und den Redaktionen angekommen: Bei Rosenkriegen ist die sexuelle Orientierung egal.