Kevin Kühnert spricht im Interview des queeren Berliner Stadtmagazins SIEGESSÄULE über sein Schwulsein – und im Netz wird wieder diskutiert, ob man das „an die große Glocke“ hängen muss. Diese Diskussion gibt es bei jedem Coming Out in den Medien. Aber nie war sie so unsinnig und verlogen wie diesmal.
Drei kurze Beispiele aus der Kommentarspalte der FAZ auf Facebook: „Ich möchte nicht damit behelligt werden, wer mit wem ins Bett geht.“ – „Herr Kühnert scheint recht gut zu wissen, womit man mediale Aufmerksamkeit erhalten kann.“ – „Ich will nichts über die sexuellen Vorlieben eines Jungsozen wissen.“ Eine Frau hat auch noch geschrieben, sie habe ja nichts gegen das Coming Out an sich, aber man müsse das doch nicht so an die große Glocke hängen. Was hat der Kühnert denn da bloß gesagt?
Ich habe bisher gute Erfahrungen damit gemacht, im Zweifel das Original nachzulesen. Manchmal entdeckt man dann, dass da etwas ganz anderes steht als manche Leute behaupten. Hier also die Interview-Stelle, an der Kevin Kühnert enthüllt, mit wem er ins Bett steigt, dabei auf aufdringliche Weise seine sexuelle Orientierung feiert und auf die einzelnen Praktiken eingeht:
Hast Du bisher Diskriminierung erfahren müssen? Sowohl wegen Deiner Größe als auch wegen Deiner sexuellen Identität?
Nein, nicht wirklich. Ich habe auch diese Zwergen-Nummer aufgegriffen, weil man mich an der Stelle überhaupt nicht packen kann. Ich bin ein Mensch mit einer guten Portion Humor und Selbstironie. Ich fühle mich da persönlich nicht angegriffen. So etwas Falsches fällt direkt auf die Person selbst und nicht auf mich zurück.
… Haben Politiker wie Wowereit und Westerwelle deiner Meinung nach den Weg für offen homosexuelle PolitikerInnen geebnet?
Auf jeden Fall hat das eine große Rolle gespielt. Ich sehe das ja an mir selbst. Klaus Wowereit ist in dieser Hinsicht ein ganz wichtiger Fixpunkt. … Obwohl das für mich persönlich ja ein paar Jahre zu früh kam. Ich war elf, als er das gesagt hat. Aber es hat definitiv einen großen Platz im kollektiven Gedächtnis.
Es ist ein Interview mit zwölf veröffentlichten Fragen, und in zweien davon ist ein Hauch von Gayness zu spüren. Halten wir fest:
- Kühnert ist gefragt worden und hat geantwortet.
- Kühnert hat gesagt, dass er nicht diskriminiert wurde und geht in seiner Antwort auf die Körpergröße ein, aber nicht konkret auf die Frage nach der sexuellen Identität.
- Kühnert hat in Bezug auf das Wirken von Wowereit und Westerwelle gesagt, dass er „das“ ja an ihm selbst sieht und „das“ mit Wowereit für ihn persönlich ein paar Jahre zu früh kam.
- Kühnert hat „das“ gesagt!!!
- Kühnert hat nicht „Penis“ gesagt!
Ist es nicht absurd? Man kann sich nicht vorstellen, wie jemand sein Coming Out weniger an die große Glocke hängen könnte, als Kevin Kühnert das hier getan hat. Und trotzdem gibt es Menschen, denen das alles zu viel ist, die ihm vorhalten, sich produzieren zu wollen, die behaupten, Kühnert würde ausbreiten, mit wem er ins Bett geht. Das sind diejenigen, die Homosexualität nur dann in Ordnung finden, wenn sie verschwiegen wird und unsichtbar ist.
Die Pointe daran ist, dass dieses Interview in einem queeren Stadtmagazin für viele andere Medien kein Anlass zur Berichterstattung war. Für den „Medienrummel“, den manche beklagen, hat jemand anders gesorgt:
Warum um alles in der Welt, werden wir immer mit so Nebensächlichkeiten wie sexuelle Neigungen behelligt.
Es interessiert mich nicht, wer mit wem schläft.
Es sei denn, es geht um Kindesmißbrauch! https://t.co/lxZi0OfTZI— Erika Steinbach (@SteinbachErika) March 6, 2018
Darauf hat Kühnert reagiert, und das war dann auch der Anlass für die FAZ, einen Artikel zu veröffentlichen. Es sind die Homophoben, die austicken, wenn Homosexualität irgendwo auch nur ansatzweise sichtbar wird. Es sind die Homophoben, die dann ausgrenzen. Es sind die Homphoben, die beim Gedanken „schwul“ automatisch ihr Kopfkino mit Kindesmissbrauch starten. Es sind die Homophoben, die ihre heterosexuelle Orientierung an die große Glocke hängen.
Ich mache es kurz: Danke!
Als Hetero sage auch ich „Danke“. Wir brauchen in diesem Land dringend mehr Bildung, mehr Offenheit, mehr Weitsicht und vor allem … auch mehr Sex. 😉
@Kenneth A. Maple: Ich sage dazu laut und deutlich: Amen!
Die Bande ist nicht homophob…
…sie haßt bis ins Mark….allerdings haßt sie, weil sie fürchtet – also fürchtet sie doch was – daß sie ihre Privilegien der Deutungshoheit und die zum Diskriminieren und Abwerten, verlieren „könnte“…es geht um alle für sie – denn Heterosexualität ist nur „lustig“, wenn es die Homosexuellen gibt die man fertig machen kann…
… Ich erlaub mir mal: https://diekolumnisten.de/2017/03/19/das-schoenste-an-der-heterosexualitaet-sind-die-schwulen/
Sehr geehrter Herr von Beyme,
Ich lese Ihren Blog sehr gern. Er ist stets geistreich, pointiert, gut recherchiert und fasst zusammen, was zusammen gehört.
Drei Dinge sind mir beim Lesen des Artikels gerade eben aufgefallen:
1. Heute wirkt er kürzer als sonst…
2. Haben Sie von FAZ-Lesern wirklich etwas anderes erwartet ? Dafür wäre das Blatt zu rechts-konservativ-verstaubt
3. Das Gespenst im Strickkleid und ihren geistigen Ausschuss auf Twitter kann ich nicht mehr sehen und wird in meinen Augen zu viel supported!
Weiter so !
Arni Banani
Putin hat mal bezüglich Toleranzgetue gegenüber nichtheterosexuellen Menschen mit einem einzigen Satz die gewünschte Färbung vorgegeben: Wir haben doch nichts gegen sie, aber sie sollen unsere Kinder in Ruhe lassen.
Bist du Kreml-Troll? Russe?
Putler ist ein Korrupte, Verbrecher und Mörder.
„Wir haben doch nichts gegen sie „- mag sein, er braucht sie, um seinen Elektrorat für sich noch mehr zu gewinnen.
„sie sollen unsere Kinder in Ruhe lassen. „- das hat nicht nur er gesagt, sondern alle Homophoben, um ihren Hass und oft Taten gegen LGBTI zu rechtfertigen.
Haben HS deine Kinder missbraucht?
ca 90% Opfer der Pädophilen sind MÄDCHEN.
Was mir das vor allem sagt: gut recherchieren, Originalquellen suchen, zweidreimal nachdenken, bevor man etwas schriftlich von sich gibt und sich ein bischen Mühe geben für soviel Wahrheit wie möglich.
Sehr gute Darstellung eines leider immer noch traurig-lästigen Phänomens. Macht weiter so! ?
Kevin ist völlig ok. „Steinbach und Co“ mußte ich in der eigenen Familie Jahrelang aushalten. Wir aufrechten müssen diesen Rohdiamanten vor den hasserfüllten und homophoben Menschen dieser Republik schützen, denn er ist aus meiner Sicht einer der gescheitesten Köpfe der Gegenwart. Ich stelle ihn auf einer Stufe mit Willy Brandt! Aus ihm wird wird noch was ganz, ganz großes