Bravo, VIVA!

Bemerkenswert auf Facebook: Wie sogar eine Löschorgie zu einem Imagegewinn führen kann. Die schwul-lesbische Community feiert den Fernsehsender VIVA für den Umgang mit homophoben Kommentaren. „“Schwul“ ist keine Beleidigung und sollte als solche auch nicht verwendet werden“, schreibt der  Sender, nachdem er hunderte diskriminierende Sprüche seiner Fans zum neuen Style von Bill Kaulitz entfernt hatte. In anderen Ecken des Netzes wird Homophobie kultiviert und gepflegt – zum Beispiel auf einer Fanseite des Hamburger SV. Weiterlesen

Bushido und die zweite Chance

Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Ein Hass-Rapper begibt sich freiwillig in die Opferrolle. Bushido fühlt sich ausgegrenzt und unverstanden, nur weil Kritiker ihm keinen Bambi gönnen, und hält bei der Preisverleihung eine bizarre Rede.

Auf seine ganz eigene Art hat es Bushido geschafft, einerseits weiterhin den coolen Rapper zu geben, und sich anderseits als Opfer zu darzustellen. „Opfer“ darf er natürlich nicht sagen, denn in seiner Welt ist das ein Schimpfwort. Aber Opferrolle passt als Umschreibung dieser recht eigenwilligen Perspektive, die Bushido in seiner Dankesrede (hier als Video auf YouTube, hier als Abschrift bei Stefan Niggemeier), wenn er gleich mehrfach über die berühmte „zweite Chance“ fabuliert. Weiterlesen

Homo-Ehe: So war meine Hochzeit

Ich will es nicht lang machen, zum Jubiläum der Homo-Ehe ist in den vergangenen Tagen schon so viel geschrieben worden. Was die politischen Forderungen angeht, habe ich meine Meinung zum Ehegattensplitting zum Beispiel hier in diesem Blog schon mal dargelegt.

Statt also das Rad zweimal zu erfinden, möchte ich viel lieber auf einen gelungenen Artikel im Hamburger Schwulenmagazin „Hinnerk“ verlinken. Mein Mann und ich sind nun selbst zum Objekt der Berichterstattung geworden. Wir bilden den Gegenpol zu einem Paar, das bereits vor zehn Jahren geheiratet hat – für die beiden war ihr schönster Moment im Leben auch ein politischer Moment, was Torsten und ich gar nicht mehr so empfunden haben:

Wie schnell die Normalisierung in den Köpfen stattfand, konnten Alexander und Torsten feststellen. Der Umstand, dass zwei Männer heiraten, war für ihre Familien selbstverständlich, nur bei den Details hakte es noch ein wenig. „Spannend war mein Großvater“, erinnert sich Torsten. „Er sagte: Wenn ihr heiratet – dann muss doch einer einen weißen Anzug tragen. Wer zieht den denn an?“

Den ganzen Artikel auf gibt es hier auf hinnerk.de.

Wie schwul hätten Sie’s denn gerne?

Ein Schwuler beim Sandwich-Essen

So essen Schwule ein Sandwich

Es ist wieder die Zeit der Christopher-Street-Days. Und wieder dominieren Bilder von Drag Queens sowie Lack- und Ledergruppen die CSD-Berichterstattung. Soll man sich darüber ärgern, dass schrille aufgedrehte Typen erneut die schwulen Klischees bestätigen? Nein, das soll man nicht. Das Problem sind nicht die schrillen Typen, sondern die unsichtbaren Gegenbeispiele. Es gäbe für den Normalo-Schwulen so viele Gelegenheiten, sich im Alltag zu zeigen, ohne gleich seine Orientierung vor sich herzutragen.

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Schlimme Hetero-Gerüchte um Bierhoff!

Entschuldigung für die reißerische Überschrift, aber dieser Perspektivwechsel veranschaulicht so schön das eigentliche Problem. Oliver Bierhoff ist DFB-Teammanager. Fußball und so. Werbeverträge klar machen, Trainingslager buchen, bei Interviews gut aussehen. Jetzt kommt’s: Man stelle sich vor, er ist einer von diesen Männern, die mit Frauen schlafen! Böse Unterstellung. Was dieser Alexander von Beyme hier ungefiltert für Gerüchte verbreitet. Was für ein Angriff! Da muss man sich doch gegen wehren!

Wirkt völlig übertrieben, oder?

Die ARD hat am vergangenen Sonntag den „Tatort – Mord in der 1. Liga“ gezeigt, in dem es (unter anderem) um einen schwulen Fußballer ging. Im Film macht sich nach knapp 20 Minuten jemand darüber lustig, dass ja die halbe Nationalmannschaft als schwul gelte, einschließlich Trainerstab. Ich bin nicht sicher, ob Oliver Bierhoff den Tatort selbst gesehen hat, aber er ist von der BILD-Zeitung nach seiner Meinung gefragt worden. Er spricht von moralisch sinkenden Werten, dass Dinge ungefiltert weiterverbreitet würden. Die Prominenz der DFB-Elf sei missbraucht worden und der Satz sei ein Angriff auf seine „Familie der Nationalmannschaft“. Und man müsse sich ja jetzt was überlegen, „dass wir nicht wehrlos sind gegen Gerüchte und falsche Unterstellungen aller Art.“

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Eine ganz normale Schlammschlacht

Fußballer haben sich gern

Um noch mal kurz das nicht-Fußball-affine Publikum auf den Stand zu bringen: Es gab vor einiger Zeit beim Deutschen Fußball-Bund einen Skandal um den damaligen Schiedsrichter-Obmann Amerell und einen der Top-Bundesliga-Schiedsrichter Michael Kempter. Letzterer hatte seinem Chef sexuelle Nötigung vorgeworfen, was natürlich in Anbetracht des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Obmann und Schiedsrichtern beim DFB besondere Brisanz hat. Die Vorwürfe konnten bisher nicht  aufgeklärt werden, und es gab nur Verlierer: Amerell räumte eine Affäre ein, bestritt aber einen Missbrauch und verlor sein Amt, Kempter pfeift seitdem allenfalls in der 3. Liga, und der DFB musste für sein Krisenmanagement viel Kritik einstecken.

Die Affäre macht in diesen Tagen nochmals Schlagzeilen, weil Amerell von Kempter nun 150.000 Euro Schadenersatz verlangt dafür, dass er alles ins Rollen gebracht hat. Der Fall hat meiner Meinung nach eine gewisse Tragik und ist voller menschelnder Komplikationen, so dass man sich mit Schuldzuweisungen sowieso zurückhalten muss. Aber ich kann der ganzen Berichterstattung doch tatsächlich etwas Positives abgewinnen: Die Medien berichten in ihrer typischen Normalität, wer wem wann die Zunge in den Hals gesteckt oder den Oberschenkel gestreichelt hat – da ist zwar jede Menge boulevardesker Voyeurismus bei, aber im Mittelpunkt steht immerhin meist die Frage, ob hier etwas gegen den Willen des anderen geschehen ist und ob es eine Grenzüberschreitung gegeben haben mag.

Es wirkt auf mich geradezu fortschrittlich, dass ich praktisch nie Dinge wie „Schwulen-Skandal“  in den Überschriften lese. Ich glaube nicht, dass beispielsweise über einen Eiskunstlauftrainer und seine Schülerin anders berichtet worden wäre als im Fall Amerell/Kempter. Medial ist das eine ganz normale Schlammschlacht, bei der man sich unabhängig von der Ausrichtung gerne wundert, dass stapelweise angebliche Liebes-SMS und eMails als Beweismaterial präsentiert werden. Die Erkenntnis ist offenbar in der Gesellschaft und den Redaktionen angekommen: Bei Rosenkriegen ist die sexuelle Orientierung egal.