Unter dem Deckmantel des Journalismus

Die Emotionalität, mit der über sexuelle Vielfalt in Bildungsplänen diskutiert wird, sollte jedem klugen Kopf ein Alarmsignal sein. Trotzdem veröffentlicht die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ einen Text, der von Manipulationen, Einseitigkeit und Polemik durchsetzt ist.

Petra Wiedenroth wirkt plötzlich sehr kurz angebunden. Die Geschäftsführerin des Verbandes der Elternräte der Gymnasien in Niedersachsen bittet „um Verständnis“ und sagt mir, für alles weitere müsse ich mich an Antje Schmelcher wenden, die Verfasserin des Artikels „Unter dem Deckmantel der Vielfalt“, der am vergangenen Wochenende in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen ist. Wiedenroth räumt ein: Das Mathebuch, von dem dort die Rede ist, in dem eine Textaufgabe mit einem bisexuellen Frauenpaar illustriert sei und andererseits niemals eine Hetero-Familie mit Kind abgebildet sein soll – das hat sie selbst nie gesehen.  Weiterlesen

Unschwules WLAN macht mich traurig [UPDATE: Internet jetzt schwulisiert]

UPDATE: Der eigentliche Aufhänger dieses Artikels hat sich erledigt.

Wie ich mich selbst ertappt habe, aus einer Kleinigkeit ein Drama zu machen. Aber es nervt: In banalen Alltagssituationen kriegen Lesben und Schwule immer wieder ihre Andersartigkeit vorgehalten – weil sie nicht vorgesehen sind, nicht mitgedacht oder gar bewusst ausgesperrt werden. So etwas erlebt auch, wer seine Sexualität nicht vor sich herträgt.

Hamburger MeileIch war im Einkaufszentrum „Hamburger Meile“. Der WLAN-Hotspot hat mich nicht queer.de lesen lassen, sondern so eine Sperrseite angezeigt. Damit könnte die Geschichte zu Ende sein. queer.de, das ist ein Nachrichtenportal mit Infos aus dem schwul-lesbischen Bereich. Ich hätte mich ja einfach aus dem Hotspot ausloggen und die Seite mobil aufrufen können. Oder ich lese es eben zuhause.

Aber das hat mich richtig traurig gemacht, und das möchte ich all denjenigen erklären, die meinen, dass diese Homos bei jeder Kleinigkeit „Diskriminierung“ plärren. Weiterlesen

Ich habe ja nichts gegen Bela Anda, aber…

Bela Anda fand den Auftritt von Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest so verstörend, dass die Logik zwei Tage lang aussetzt. Man muss Wurst nicht gut finden, um für BILD Unsinn zu schreiben.

Was kann man tun, wenn man keine Möglichkeit hat, sich gegen etwas zu artikulieren? Wenn man einfach keinen Kanal hat, um seine Meinung kund zu tun? Richtig: Man stellt seinen Text auf eine der reichweitenstärksten Nachrichtenseiten Deutschlands.

So hat das jedenfalls Bela Anda gemacht. Auf BILD Online stellt er die Frage: „Muss ich Conchita Wurst gut finden?“ Bereits im zweiten Satz beantwortet er sich die Frage damit, dass er dass nicht muss. Hier hätte der Artikel eigentlich zu Ende sein können. Aber stattdessen beklagt sich der ehemalige Regierungssprecher, dass ihn eine Frau mit Bart stört und er den ganzen Auftritt befremdlich fand, das aber nirgendwo schreiben darf.  Er darf das nirgendwo schreiben, und  das ist nachzulesen auf BILD Online! Der Auftritt muss ihn tatsächlich verstört haben, wenn das logische Denken auch zwei Tage später nicht richtig funktioniert.

Bela Anda ist an keiner Stelle offen homophob, aber sein Artikel trägt trotzdem zur Stimmungsmache bei. In den Kommentaren auf der Seite melden sich zahlreiche Leser zu Wort, die sich danach sehnen, Conchita Wurst ebenfalls nicht gut finden zu dürfen. Und bei der Gelegenheit beklagen sich die Leute, dass sie sich nicht vorschreiben lassen wollen, was sie gut oder normal finden sollen. Gegen Meinungsterroristen. Und für das Ergebnis des Eurovision Song Contests ist sowieso die Homolobby verantwortlich – weil die so viel angerufen hat und die Jurys unterwandert sind.

Es macht mich so traurig, weil mir Veröffentlichungen wie diese das Gefühl geben, dass es auf Argumente sowieso nicht ankommt. Anda übernimmt typische Muster, mit denen Verunglimpfungen häufig eingeleitet werden (Opferrolle einnehmen und ankündigen, die „Netzgemeinde“ würde einen bestimmt hassen oder als homophob brandmarken, sowie schwule Freunde erwähnen, um zu „beweisen“, wie tolerant man eigentlich ist) . Im Fall von Anda lässt sich im Anschluss wunderbar das Ressentiment bedienen, dass sich Homosexuelle in den Vordergrund spielen und bejubelt werden wollen.

Trotzdem sträubt sich alles in mir, wenn ich Conchita Wurst und die Lobhudelei auf sie und unser angeblich tolerantes Europa lese. … Was mich stört ist, dass ich den Auftritt einer Dragqueen mit Bart jetzt schon gut finden MUSS. Es reicht nicht mehr zu sagen: Ok, macht was ihr wollt. Nein, wir müssen alle jubeln und die Höchstpunktzahl vergeben.

Was hat denn dieser Mann? Dann findet Anda Transvestiten halt doof und besonders die mit Bart, da hindert ihn doch keiner dran. Er darf sogar für BILD darüber schreiben! Das ist ein Wettbewerb, und der hat einen Sieger. Satte 24 Länder haben Österreich nicht die Höchstpunktzahl gegeben, und von Protestkundgebungen vor den Botschaften ist bis heute nichts bekannt.

Rückblick: Tagelang hat die BILD-Zeitung gemeinsam mit anderen Medien die Hochzeit von Prinz William und Kate abgefeiert. Ich fand eine solche Inszenierung auch befremdlich, für meine Verpartnerung hatte ich einen privateren Rahmen vorgezogen. Tapfer habe ich die Dominanz des Themas in der Berichterstattung ertragen und aus meiner Langeweile keinen Hehl gemacht. Das war nicht schlimm! Es ging vorbei! Aber nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen, mich zu beklagen, mich könnte jemand als Pferdekutschen-Hasser und Briten-Feind verunglimpfen.

Ich habe ja nichts gegen Bela Anda, aber da hat er nun mal Unsinn geschrieben. Das wird man doch noch mal sagen dürfen.

Jens Lehmann und die Offenbarung bei Sky

Die Kritik am Ex-Nationaltorwart ist teils ungerechtfertigt. Wer eine ehrliche Debatte über Homosexualität im Fußball will, muss es aushalten, wenn jemand über ablehnende Gefühle spricht. Der Skandal ist aber, wie Lehmann sein eigenes Klischeedenken zum Problem der Schwulen macht – und der DFB guckt zu.

Jens Lehmann hat im Laufe dieser Woche viel einstecken müssen, weil er im Gespräch über Homosexualität im Fußball allzu tief in der Kiste mit den Klischees gewühlt hat. Unser ehemaliger Nationaltorwart walzt das unvermeidliche Duschen aus, lässt sich darüber aus, dass man es dem Hitzlsperger ja gar nicht angesehen hat, undsoweiter undsofort. Das Gespräch im Original auf YouTube ist sehr empfehlenswert, denn beim Betrachten nimmt das Fremd-Schämen von Minute zu Minute zu – in den Zusammenfassungen kann das kaum angemessen wiedergegeben werden. Es ist ein gutes Zeichen, dass Lehmann so viel Gegenwind entgegenbläst. Herausgestochen ist aber die Augsburger Allgemeine, die Lehmann verteidigt:

Woher soll er denn wissen, was er gefühlt hätte? Was bitte ist daran verwerflich, sich möglicherweise seltsam zu fühlen, wenn man mit einem Schwulen zusammenduscht? … Auch da kommen sie wieder, die Aufgeklärten. Schütteln verzweifelt lächelnd ihren Kopf. Wie kann er nur, der Lehmann? Warum sollte denn ein Schwuler anders spielen als ein Heterosexueller? Also so was aber auch. Dabei gibt Lehmann einfach wieder, was zumindest einige denken.

In ähnlicher Richtung haben auch manche Nutzer in die Kommentarspalten der Nachrichtenportale geschrieben. Zum Teil ist da auch etwas Wahres dran: Wer eine ehrliche Debatte über Homosexualität im Fußball führen will, der muss sowas aushalten. Lehmann ist gefragt worden und hat eine ehrliche Antwort gegeben. Da kann man sogar schon etwas Gutes daran finden, dass er ohne Schönfärberei einen Einblick in die Psyche von Fußballern offenbart.

Kritik zu Recht, aber aus dem falschen Grund

Aber nun sollte man nicht meinen, dass Jens Lehmann zu unrecht kritisiert wird. So blöde das klingt: Lehmann kriegt es schon zu Recht ab, bloß aus dem falschen Grund. Er thematisiert ja selbst, dass er in Klischees denkt. Die Armseligkeit seiner Äußerungen liegt nicht darin, das auszusprechen. Es wäre völlig in Ordnung zu sagen: fühlt sich komisch an, ist aber Unsinn, wenn ich drüber nachdenke, da muss ich mit fertig werden. Die Armseligkeit liegt in Lehmanns Schlussfolgerung: Sie macht sein eigenes Schubladendenken zum Problem der Homosexuellen. Weil er seine Gedanken nicht kontrollieren kann, sollten schwule Fußballer sich lieber weiter verstecken. Das ist das Skandalöse.

Und damit kommen wir direkt zur zweiten Offenbarung dieses Wortwechsels: Die wenigen Minuten auf Sky zeigen schonungslos die Mutlosigkeit des Deutschen Fußballbundes. DFB-Präsident Niersbach sitzt daneben und hätte hier mit Anlauf zwischengrätschen können.

„Es ist nachvollziehbar, dass sich das erstmal merkwürdig anfühlt, aber daran werden wir uns sicher schnell gewöhnen. Dafür werden der Deutsche Fußballbund und ich als Präsident kämpfen. Und wir werden mit aller Macht die Spieler verteidigen, die sich nicht mehr verstecken wollen.“

Nein, das Zitat ist der Fantasie entsprungen. Das waren leider nicht Niersbachs Worte. Es blieb bei dem politisch angemessen entrüstetem Statement:

„Das überrascht mich ein Stück, wie Du das jetzt darstellst. Ich denke, da wären wir weiter, dass da genauso wenig wie über Hautfarbe, Religion oder sonstwas gesprochen wird. Es ist für mich, in meinem Freundeskreis totale Normalität.“

Was übrig blieb war Ratlosigkeit, warum es denn auf dem Fußballplatz so viel anders ist als im Freundeskreis. Vielleicht doch das Duschen? Es ist typisch für einen Verband, der über das Broschüren verteilen hinaus seine eigene Rolle bis heute nicht recht gefunden hat. Einen Verband, in dem Funktionäre einerseits den homosexuellen Fußballern ihre Solidarität versichern und im selben Atemzug indirekt vom Coming Out abraten. Um es mal in der Fußballer-Sprache zu sagen: Der DFB fremdelt mit seiner Position und findet irgendwie nicht ins Spiel. Ob sich unter solchen Umständen der Hitzlsperger dafür einwechseln lässt?

 

Hitzlsperger und der Mantel der Geschichte

Ein paar Gedanken über die historische Dimension von Thomas Hitzlspergers Coming Out. Wer meint, es komme zu spät und sei nicht mutig, sollte diesen Text lesen.

Es war Freitagabend, es war eine Party, es war Smalltalk. Ich stand auf dieser Party mit schwulen Sportlern zusammen, und wir hatten am Ende dieser Woche nur ein Thema: Jeder von uns hat erzählt, was er gerade gemacht hat, als er von Thomas Hitzlspergers Coming Out erfahren hat. So, wie wir es sonst von Erzählungen über den 11. September und den Mauerfall kennen. Das sagt eigentlich schon alles. Schwulen Fußballern hat so lange eine Identifikationsfigur gefehlt. Wie viele Teenager haben nach ihrem Coming Out ihr liebstes Hobby entnervt oder verängstigt aufgegeben, weil sie glaubten, für sie sei kein Platz im Fußball?

Der Erhängte und der Erstochene als Präzedenzfälle

Für die Diskussion über Schwule im Fußball ist Hitzsperger ein Glücksfall und man kann ihm nicht genug danken. Versetzen wir uns mal in seine Lage: Was mag in ihm vorgegangen sein, bevor er seine Entscheidung gefällt hat? Vielleicht hat er an die anderen Schwulen im Fußball gedacht? An den US-Nationalspieler Robby Rogers? Mit seinen zehn Einsätzen in der englischen zweiten und dritten Liga war er, der sich bei seinem Coming Out schon parallel eine Existenz als Mitbesitzer eines Modeunternehmens aufgebaut hatte, vielleicht nicht der Maßstab. Aus europäischen Spitzenligen blieben als Präzedenzfälle Justin Fashanu und Heinz Bonn. Der, der sich erhängt hat. Und der, der an Alkoholismus litt und vom Stricher erstochen wurde. Darüber sollten diejenigen mal nachdenken, die sagen, Hitzlspergers Coming Out komme zu spät und sei nicht mutig.

Wie lange hätten wir auf den nächsten wie ihn warten müssen?

Hitzlsperger hat sich davon nicht abschrecken lassen. Er ist ein kluger Mensch und wird seine eigene Rolle genau reflektiert haben: Er blickt auf eine außergewöhnliche Karriere zurück und ist wie kaum ein anderer geeignet, das Klischee vom verweichlichten Schwulen, der im Fußball nichts zu suchen hat, zu widerlegen. Einer mit mehr als 50 Länderspielen, ein Deutscher Meister, einer der für seinen Gewaltschuss den Spitznamen „The Hammer“ bekommen hat. Im Vorspann habe ich von der „historischen Dimension“ geschrieben. Das ist nicht nur meinem Hang zum Pathos geschuldet: Wenn Hitzlsperger sich nicht zum Coming Out entschlossen hätte, wie lange hätte es gedauert, bis ein anderer schwuler Fußballer mit einer vergleichbaren Karriere vor derselben Entscheidung geständen hätte? Fünf Jahre? Zehn Jahre? Es gibt Situationen, da eröffnet sich die Möglichkeit, mit seinem eigenen Handeln Geschichte zu schreiben. Diese Vorstellung kann Angst machen. Es ist nicht selbstverständlich, dann auch zuzupacken. Hitzlsperger hat den Mantel der Geschichte ergriffen. Wie der Grenzer an der Bornholmer Straße, der den Schlagbaum geöffnet hat. Und das meine ich völlig ernst.

Links:

  • Hamburger Abendblatt: Interview der Zukunft: „Dieses Tor widme ich meinem Freund“ – Alexander von Beyme vom schwul-lesbischen Sportverein „Startschuss“ in Hamburg über die Idealvorstellung über Fußball und Homosexualität. Thomas Hitzlsperger wurde in Wolfsburg davon abgeraten, sich zu outen.
  • Lokalfernsehen Hamburg 1: Hitzlsperger ist ein Glücksfall – Zu Gast im Studio ist der Sprecher des schwul-lesbischen Sportvereins „Startschuss“.

Gespielt wie Flasche halb voll oder halb leer?

Der Deutsche Evanglische Kirchentag in Hamburg diskutiert über Homophobie im Fußball: Kontrovers wurde die Debatte, wie die bisher erreichten Fortschritte zu bewerten sind. Ein Mutmach-Beitrag.

Die Zusammensetzung der Runde unter dem Motto „Let’s Talk About Sex – Homophobie im Fußball“ ließ von vornherein nicht erwarten, dass es besonders heiß her gehen würde: Vertreter der „Queer Football Fanclubs“ berichteten von ihrem Engagement in den Fankurven, „Versteckspieler“ Marcus Urban erzählte von seiner Arbeit als Diversity Coach und DFB-Berater, der SPD-Bundestagsabgeordnete und Fachsprecher für Schwule und Lesben, Johannes Das Podium im Regenbogenzentrum beim DEKTKahrs, war als Politikvertreter dabei, und ich war als Journalist und Vorstandsmitglied des schwul-lesbischen Sportvereins Startschuss SLSV Hamburg eingeladen – alles also Leute, die sich im Ziel einig sind und sich schon lange entsprechend engagieren.

Überraschend fiel die Bewertung des Status Quo aus: Als ich meinen Eindruck schilderte, dass Diskriminierung deutlich abgenommen hat und heutzutage viele Startschuss-Sportler ihr Glück auch in „Hetero“-Vereinen finden, stieß ich auf harschen Widerspruch. „Falsch“, entgegnete kopfschüttelnd Marcus Urban, „es gibt in allen Bereichen immer noch massive Probleme.“ Ein Gast aus dem Publikum richtete an meine Adresse die Kritik, dass Journalisten ein viel zu rosiges Bild zeichneten, unter anderem weil viele Betroffene sich mit ihrer Leidensgeschichte gar nicht an die Öffentlichkeit trauten.

Homophobie ist kein Nischen-Thema mehr

Dabei habe ich gar nicht behauptet,  dass Homophobie überwunden ist – ich bin nur der Meinung, dass im historischen Vergleich die Gesellschaft riesige Schritte weitergekommen ist. Der Umgang mit Homophobie ist sensibler geworden: Gerade erst hat Kaiserslauterns Stürmer Idrissou im Interview (hier das Video) einmal mehr das Klischee bedient, Schwule seien automatisch tuntig und könnten per se keine männliche Körpersprache haben – das haben auch Mainstream-Medien aufgegriffen und kritisiert. Früher gingen solche Äußerungen unter. Schwulen und Lesben empörten sich in ihren Community-Foren, auf Nischen-Websites und blieben unter sich. Schon dass es mittlerweile eine Öffentlichkeit dafür gibt, ist ein Fortschritt.

Die „Queer Devils“ als schwul-lesbischer Fanclub konnten dem Spieler inzwischen persönlich erklären, was an seinen Äußerungen so bedenklich ist. Noch vor ein paar Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass ein Verein ein solches Treffen zulässt. Und der FCK berichtet auch noch auf seiner Homepage darüber. Bei aller Kritik an manchen Formulierungen lässt sich festhalten: Auch hier beteiligt sich der Proficlub daran, eine Öffentlichkeit herzustellen, die wichtig ist. Er tut es nicht als Pflichtveranstaltung ab nach dem Motto: „Treffen wir uns mal mit den Schwulen, um die ruhig zu stellen, aber reden wir nicht darüber.“ Auch das ist ein Wandel!

Während Profi-Fußballer früher „irgendwas mit Schwul“ gescheut haben wie der Teufel das Weihwasser, leben wir in einer Zeit, in der Philipp Lahm munter Interviews für Gay-Magazine gibt und Mario Gomez übers Coming Out philosophiert. Nicht über jeden Debattenbeitrag kann man glücklich sein, aber die Berührungsängste im Spitzensport schwinden – das ist ein Fortschritt.

Es gibt Strukturen und Unterstützer

Alex v. Beyme mit Johannes KahrsWir haben Strukturen aufgebaut wie die schwul-lesbischen Fanclubs und Sportvereine, die den Finger in die Wunde legen, und starke Unterstützer wie die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Auch die Verbände bewegen sich allmählich. Einige meiner Mitspieler bei den schwulen Fußballern von Startschuss spielen geoutet in „hetero-geprägten“ Vereinen mit, nach meinem Eindruck waren es noch nie so viele. Nur einer von ihnen erzählte mir von heftigem Mobbing, die Mitspieler wollten ihn nicht mehr mit ihm duschen – kurzerhand wechselte er den Verein und wurde im neuen Club anerkannter Spielertrainer. Jeder Fall von Diskriminierung ist zu viel, aber bei allen Rückschlägen können wir doch froh sein: Es gibt sie mittlerweile, die positiven Beispiele, die wir vor Jahren so vermisst haben.

Es geht natürlich nicht schnell genug. Wir liegen mit dem Kampf gegen Homophobie im Fußball immer noch zurück, aber haben bisher gut gespielt – das sollte uns Selbstvertrauen geben. Schluss ist erst, wenn der Schiri pfeift.